Die Ent­wick­lung der Schul­as­sis­tenz in Berlin
Schon in den sieb­zi­ger Jah­ren wur­de im dama­li­gen West-Ber­lin Anstren­gun­gen unter­nom­men, eine gemein­sa­me Erzie­hung von Kin­dern mit und ohne Behin­de­rung in einer Schu­le zu ver­su­chen. An eini­gen Grund­schul­stand­or­ten wur­den im Rah­men eines Schul­ver­su­ches 1974 Inte­gra­ti­ons­klas­sen ein­ge­rich­tet. Bald stell­te sich jedoch her­aus, dass für den beson­de­ren Bedarf der Kin­der mit­un­ter ein ergänzendes Instru­ment zur Unterstützung während des schu­li­schen All­ta­ges und im Unter­richt nötig war. Die zusätzlichen Bedürfnisse nach Förderung, Pfle­ge und Unterstützung während der Unter­rich­tung in Klas­sen der Regel­schu­len, wur­den zuneh­mend offensichtlich.

Ab 1984 konn­ten dafür die ent­spre­chen­den Ein­zel­fall­hel­fer der Kin­der den Schul­be­such beglei­ten. Dies geschah auf Ver­an­las­sung der zuständigen Jugendämter der Wohn­be­zir­ke. Die­ses Sys­tem der „ambu­lan­ten Ein­zel­fall­hil­fe in der Schu­le“ fuß­te auf den §§39 und 40 des BSHG zur Ein­glie­de­rungs­hil­fe. Es wur­den dabei jedoch die Nach­tei­le der Ein­zel­fall­hil­fe in die Schu­le übertragen. Auf­grund des Wahl- und Mit­be­stim­mungs­rech­tes der Eltern bei der Hil­fe­pla­nung wur­de mit­un­ter Unru­he und Unwägbarkeit in den Unter­richt hin­ein­ge­tra­gen. Oft­mals waren die Wei­sungs­re­ge­lun­gen und –bin­dun­gen unklar für die Betei­lig­ten. Es kam auch zu häufigen Aus­wech­se­lun­gen der Ein­zel­fall­hel­fer durch Sorgeberechtigte.

Damit wur­den nicht nur die Hilfebemühungen für die Integrationsschüler beeinträchtigt, son­dern das gesam­te Gefüge der Lern­grup­pe und der Schu­le litt. Des Wei­te­ren wur­de auch die Bewil­li­gungs­pra­xis der Stundenumfänge durch die ein­zel­nen Jugendämter sehr unter­schied­lich gehandhabt.

Mit der Ver­ab­schie­dung des neu­en Ber­li­ner Schul­ge­set­zes im Jah­re 1989 wur­de im §10a der Anspruch auf zusätzliche Unterstützung im Unter­richt ver­an­kert. Dar­aus ergab sich jedoch ein wei­ter­ge­hen­der Rege­lungs­be­darf zur Ver­ein­heit­li­chung der unter­schied­li­chen Ein­satz­be­din­gun­gen. Dazu wur­de bei der Bil­dungs­ver­wal­tung ein Bud­get­ti­tel im Schul­haus­halt für die Schul­as­sis­tenz ein­ge­rich­tet und zen­tral verwaltet.

1992 übertrug die Senats­ver­wal­tung Bil­dung, Jugend und Sport der Lebens­hil­fe für Men­schen mit Geis­ti­ger Behin­de­rung e.V., Lan­des­ver­band Ber­lin die Orga­ni­sa­ti­on der Schul­as­sis­tenz. In zwei Bezir­ken wur­de jedoch das Sys­tem der ambu­lan­ten Schul­as­sis­tenz fortgesetzt.

Mit der Ver­ab­schie­dung des novel­lier­ten Schul­ge­set­zes des Lan­des Ber­lin im Jah­re 2004 ist die Gemein­sa­me Erzie­hung von Kin­dern und Jugend­li­chen mit und ohne Behin­de­rung im §36 zum erklärten Ziel geworden.

Dank der Rati­fi­zie­rung der UN-Kon­ven­ti­on zu den Men­schen­rech­ten durch den Deut­schen Bun­des­tag im Jahr 2009 hat ein neu­es Kapi­tel des Gemein­sa­men Lebens von Men­schen mit und ohne Behin­de­rung begon­nen. Nach der Inte­gra­ti­on Ein­zel­ner folgt nun kon­se­quen­ter­wei­se die Aus­bil­dung der inklu­si­ven Gesellschaft.

Die Senats­ver­wal­tung Bil­dung, Jugend und Wis­sen­schaft hat dar­auf 2015 mit dem Abschluss der Rah­men­ver­ein­ba­rung zur Leis­tungs­er­brin­gung ergänzender Pfle­ge und Hil­fe (RV-Schul­Pf­leHi) reagiert. Die­se stellt die Orga­ni­sa­ti­on der Leis­tungs­er­brin­gung gänzlich neu auf.

Jede Schu­le ist nun­mehr ab dem Schul­jahr 2015/16 auf­ge­for­dert, sich mit einem frei­en Träger der Jugend­hil­fe zur Erbrin­gung der Schul­as­sis­tenz­leis­tung zu verständigen. Dies erfolgt durch Abschluss von Kooperationsverträgen zwi­schen der Schu­le und dem ausgewählten Trä­ger der frei­en Jugend­hil­fe. Schu­len, wel­che kei­nen Koope­ra­ti­ons­ver­trag selbsttätig ein­ge­hen wol­len, wer­den durch einen von der jewei­li­gen Schul­auf­sicht des Bezir­kes bestimm­ten Regio­nal­an­bie­ter versorgt.

Die­ses Sys­tem ist für alle Betei­lig­ten neu und muss sich in der Zukunft als trag­fä­hig in der Erpro­bung beweisen.